Rennradtouren bei Bassano del Grappa

Der fünfte Tag: Altopiano dei Sette Comuni - nicht flach und auch nicht kurz - Eine Rennradtour nach Asiago

Heute darf es etwas weniger sein, eine weitere Fahrt in die Dunkelheit wollen vermeiden. Dafür ist die heutige Tour gut geeignet. Bei der Planung am heimischen PC ist eine schöne Acht entstanden, die sich einfach abkürzen lässt. Sollten die Beine oder die Zeit nicht so mitspielen wie erwartet. Man weiß ja nie.

Bassano

Donnerstag, 5. September 2013

Wieder passieren wir das große Brenta-Wehr, verbotenerweise fahrend, das sei an dieser Stelle gestanden. Rennradfahrer sind aber ohnehin als Rüpel gebrandmarkt, also kommt es auf diese kleine Sünde auch nicht mehr an.

Wir fahren heute auf bekannten Wegen, auf der Einführungsrunde nach Conco sind wir entgegen der heutigen Fahrtrichtung einen Teil der Strecke schon gefahren. Nach zehn Kilometern beginnt bei San Michele der Anstieg, würde man bis ganz nach oben auf der SP 72 weiter fahren, wäre man nach 800 Höhenmetern in Conco. Wir biegen nach dem kleinen Dorf Pradipaldo auf 540 Meter Höhe in eine einspurige, gleich zu Beginn mit offenen Karten spielende Steigung ab. Kein sanfter Anfang, der einem irgendetwas liebliches, angenehmes vorgauckelt. Nein, es geht gleich ehrlich zur Sache. Gut zwölf Prozent, gefühlt einiges mehr, werden Markus und mir angeboten. Die erste Kehre, es wird etwas steiler. Zwei dick eingepackte Rennradler kommen uns entgegen und rufen uns was zu. Wir verstehen kein Wort. Später können wir erahnen, was wohl gemeint war.

Der Zustand der schmalen Straße ist nicht besonders gut, eine verkehrstechnisch bedeutungslose Straße, die nur ein paar kleine Höfe verbindet und am Ende in der Nähe von Conco wieder zur SP 72 führt. Aber trotz der heftigen Steigung geht der Spass nicht verloren, das liegt zum einen am nicht vorhandenen Verkehr und zum anderen an den heute durchaus erträglichen Temperaturen. Ein leichter Hochnebel sorgt für Abkühlung, deswegen waren die beiden Abfahrer, die uns am Anfang begegnet sind, auch so gut eingepackt.

Höhe 960 Meter, ein namenloses Gehöft taucht auf. Nichts was Anlass zur Beunruhigung gibt. Normalerweise. In diesem speziellen Fall aber schon. Eine unglaublich steile Wand liegt vor uns. Und ja, da müssen wir hoch. Das schmunzeln des Bauers, der gerade an einem Schuppen rumwerkelt, spricht Bände. Mitleid scheint er nicht zu haben, aber wer braucht das schon! Pah!

Über einige hundert Meter ist es dann wirklich unsäglich steil, jenseits der zwanzig Prozent zieht der Weg kerzengerade nach oben. Scharfe Kurve, es flacht ab. Ja, vierzehn Prozent Steigung können durchaus das Gefühl einer gewissen flachheit vermitteln. Die darauf folgenden Kilometer bis nach Rubbio werden dann wieder moderat, mehr als acht Prozente gibt es nicht mehr. Das kann aber auch am Gewöhnungsfaktor liegen. Die Zurufe der Abfahrer werden nun verständlich, fährt man diese Strecke entgegengesetzt wird sie zum Vergnügen. Aber nur wenn es warm und trocken ist. Trocken wäre es, aber warm ist anders.

Rubbio, ein kleiner Laden, davor eine Bank zum hinsetzen. Das ist DIE Gelegenheit. Pause, es gibt Wasser und Gebäck, vorzüglich übrigens. Die Dorfjugend ist auch da. Um der anwesenden Dorfschönheit zu imponieren, gibt einer der Jungs, die auf der Bank uns gegenüber sitzen, eine wirklich beeindruckende Demonstration seines fahrerischen könnens auf dem Mountainbike ab. Wheely in Perfektion, ohne Neid erkennen wir das an. Das können wir nicht. So wie das aussieht, könnte der junge Mann das Kilometerweit machen. Was aber wenig Sinn machen würde, die wirklich Schöne würde ihn dann ja nicht mehr sehen. Also beschränkt er seine imponierende Fahrt auf Sichtweite. Klasse! Wir hätten applaudieren sollen.

Es geht bergab, nicht sehr lange, aber immerhin. Es kommt so wie immer, jeder verlorene Höhenmeter rächt sich. Bis nach Asiago, einem der Hauptorte der Sette Comuni geht es wieder bergauf. Asiago liegt auf 1000 Meter Höhe und ist ein beliebtes Ausflugsziel und Ferienort auf gehobenem Niveau für italienische Touristen. Hier geht alles, im Sommer Radfahren und Wandern, im Winter Skifahren. Wir fahren nur durch. Und entscheiden uns, den geplanten Achter abzukürzen.

Der Spass und die wohlverdiente Belohnung der vorangegangenen Mühen beginnt. Fast 900 Höhenmeter Abfahrt, wohldosiert verteilt auf eine Länge von fast dreißig Kilometern, beginnt. Zunächst nur mit einigen Kurven, am Ende zu mit einer Kehrengruppe veredelt, fahren wir mit Höchstgeschwindigkeit nach unten. Die breite, sehr gut ausgebaute Straße, die SP 349, lädt dazu ein. Das sehr bescheidene Verkehrsaufkommen tut das seine dazu. Eine traumhafte Abfahrt, selten erlebt.

Chiuppano, wir sind unten. Schön, dieses mal darf ich warten. Weil wir ja abkürzen, bleibt Zeit für eine kleine Pause. Schnell entdecken wir ein Straßencafé. Gute Wahl, aus dem kleinen Lokal ist in guter Lautstärke gerade "Highway to Hell" zu hören. Wir setzen uns aber trotzdem ins Freie. Due Cappucchini. Bekommen wir, samt dem lächeln der Wirtin. Nachdem sie uns unsere Bestellung serviert hat, zücken wir beide die Fotoapparate und knipsen das schöne Muster, das sie auf den Milchschaum gezaubert hat. Das muss witzig ausgesehen haben, lachend bringt sie uns noch Zucker und Kleingebäck. Lecker war´s.

Bald sind wir in Bassano del Grappa, wir gönnen uns eine weitere Pause in der Stadt an der Brenta. Noch einmal Cappucchino, danach an der nächsten Eisdiele noch ein Eis. Durch Bassano lassen wir uns vom GPS leiten, mit der Velomap kein Problem. Es wäre auch kürzer gegangen, bei Semonzo del Grappa - von hier aus führt ein schwerer Anstieg zum Monte Grappa, den sich Markus gestern gegönnt hat und den wir bei unserer nächtlichen Abfahrt gefahren sind - treten wir den direkten Weg nach Pove del Grappa an. Unserem derzeitigem Zuhause.

| 120 Kilometer | 1993 Höhenmeter |