Rennradtouren am Gardasee

Nach Mantua und über den Po

Keine großen Steigungen, aber der Wind kommt ja bekanntlich immer von vorne! Rennradtour in die Poebene nach Mantova, über den Po und durch eine durchaus interessante Landschaft zurück.

Der Po

Dienstag, 7. September 2010

Wer hätte das gedacht! Eine zwar lange, aber flache Rennradtour habe ich mir heute vorgenommen. Dann kommt diese blöde Umleitung, die mich von meiner Route weg führt. Nicht weit, alles ist überschaubar, aber dass die Umfahrung ausgerechnet über den weit und breit steilsten Stich führt, musste doch nun wirklich nicht sein! In dem kleinen Dorf Boschetti, noch nicht einmal fünf Kilometer von meinem Startort in Peschiera del Garda entfernt, stellt sich mir eine Mauer entgegen. Achtzig Höhenmeter nur, aber eben auf ein sehr kurzes Stück. Der Tacho zeigt mir dann später, dass die Maximalsteigung der Tour satte 23 Prozent betragen hat. Das war in Boschetti. Wo auch sonst?

Die letzten Hügel vor der Poebene überraschen mich dann noch einmal, immer wieder geht es rauf und runter und wieder hoch. Nach Kilometer zwanzig folgt, in der Nähe von Volta Mantova, die vorerst letzte Abfahrt. Ich bin in der flachen Poebene angekommen! Dreißig Kilometer noch bis Mantova. Die Straße führt durch den nördlichen Parco Mincio, immer entlang des Mincio, dem einzigen Abfluss des Gardasees. Es macht mächtig Spaß, hier auf der ausgezeichnet guten Straße zu fahren. Und – obwohl das hier alles Agrarland ist – gibt es viel zu sehen. Der Mais ist deutlich höher als zuhause, Tomaten werden auf riesigen Äckern angebaut, Kiwiplantagen überall,

Artischockenäcker, Auberginenfelder und Getreidefelder wechseln sich ab. Dann kommt ein Bahnübergang, die Schranke ist abgesenkt. Also mal warten, Pinkelpause einschieben. Warten. Das geht eine ganze Weile, ich sehe mal nach, ob ein Zug zu sehen ist. Nichts. Nach einer weiteren Weile wird mir das zu blöd. Ein weiterer Kontrollblick, kein Zug in Sicht. Also unter der Schranke durch. Ich bin schon eine ganze Zeit unterwegs, sehe mich um und sehe, dass die Schranke noch immer geschlossen ist. Und noch immer kein Zug weit und breit. Zeit ist eben relativ.

Kurz vor Mantova nimmt der Verkehr zu, bleibt aber immer erträglich. Schon aus einiger Entfernung ist der Dom, eine fünfschiffige Basilika aus dem 9. Jahrhundert, der Provinzhauptstadt zu sehen. Auf einer Umgehungsstraße umfahre ich die Altstadt, eigentlich schon frevelhaft kommt mir das vor. Es gäbe dort einiges zu sehen, aber mich lockt Italiens größter Fluss, der Po. Es herrscht nun reger Verkehr. Der Fahrradweg, der direkt an der Hauptstraße entlang führt, kommt mir mehr als gelegen.

Lange dauert es nicht, bis ich das Verkehrsgewühl verlassen kann. Ein Blick zurück auf die Stadt, wieder zeigt sich der Dom in seiner eindrucksvollen Größe. Beim nächsten mal, wenn ich wieder hier vorbei komme, werde ich mir die Altstadt von Mantova wirklich ansehen und auf der Piazza einen Kaffee trinken.

Gut 130 Kilometer liegen noch vor mir. Ohne Berge zwar, nur der Wind, der auch hier immer von vorne kommt, wird meine kleine Reise schwierig genug machen. Im Zick-Zack-Kurs nähere ich mich auf kleinen, fast völlig verkehrsfreien Nebenstraßen dem Po. Erst kurz vor dem Fluss bleibt mir keine andere Wahl, ich muss die stark befahrene Hauptstraße benutzen. Es gibt keine andere Möglichkeit, über den Po zu kommen. Bei Borgoforte beginnt die Brücke, ich bin über die Breite des Flusses überrascht. Fünfhundert Meter werden das sein, die Brücke selbst ist wesentlich länger. Anhalten ist hier völlig unmöglich, so schnell ich kann bringe ich diesen Abschnitt hinter mich.

Ein kurzes Stück noch auf der SS 62, dann kann ich endlich bei Sailetto in eine Nebenstraße abbiegen. Schade, der Fluss ist nicht zu sehen und auch nicht erreichbar. Parallel zum Po verläuft in einigem Abstand ein kleines Sträßchen, auf dem ich wieder fast alleine unterwegs bin. Nach einigen Kilometern komme ich wieder auf die SS 62, die ich aber nach wenigen Minuten wieder verlassen kann.

Luzzara

Ich habe die Lombardei nun verlassen und bin in der Emilia Romagna, gestartet bin in Venetien. Italienreise im kleinen. Die Entfernungsangaben auf den Straßenschildern stimmen mich jetzt nachdenklich. Parma, Modena, Reggio nell´Emilia, alles im Umkreis von 50-70 Kilometern. So weit südlich, kann das noch sein? Ein Stopp und ein intensiver Blick auf das Display des Garmins sorgt wieder für eine innere Ruhe, bald werde ich wieder über den Po fahren und mich nordwärts, Richtung „Heimat", bewegen.

Luzzara, es ist nun 13 Uhr 30. Die Stadt scheint wie ausgestorben, fast kein Verkehr, kein Laden hat geöffnet. Mein Getränkevorrat geht zur Neige. Kann man nichts machen, also weiter. An die zehn Kilometer sind es noch bis zur nächsten Brücke über den Po. Bei Guastalla verlasse ich zwangsweise meine kleine Straße und muss auf die Provinzstraße, die über den Po führt. Klar, dass hier wieder mehr los ist. Aber wenigstens verfügt die Brücke über einen Seitenstreifen. In der Mitte des Flusses halte ich an und sehe mir endlich den Po aus der Nähe an. Wasser, Sandbänke und Auwälder, einige Kähne. Die Strömungsgeschwindigkeit ist hoch, fast reißend zieht der Po seine Bahn Richtung Mittelmeer. Irgendwie ist es ein gutes Gefühl, hier zu stehen.

Am Ende der langen Brücke verlasse ich die Hauptstraße und fahre, nun wieder nördlich des Po´s, auf einer herrlichen Straße durch die Auwälder. Erstaunlich kurvig geht es dahin, der starke Wind,mit dem ich die ganze Zeit zu kämpfen hatte, ist hier nicht zu spüren. Ein Highlight der Tour ist die Hölzerne Pontonbrücke über den Fiume Oglio. Mit zehnprozentigem Gefälle geht es auf den schwankenden Holzplanken abwärts, genauso steil auf der gegenüberliegenden Seite wieder nach oben. Alles schwankt hin und her, einige Autos kommen mir entgegen.

Es beginnt leicht zu regnen, die Route wechselt nun ständig zwischen Nebenstraßen und Hauptstraßen. Die Gegend ist nur dünn besiedelt, ich entdecke nirgendwo einen Laden oder eine Bar, wo ich „auftanken" könnte. Na ja, ein paar Tropfen sind ja noch in meiner Flasche, die müssen eben ausreichen. Ich will jetzt auch nicht mehr anhalten, „nur" noch 60 flache Kilometer liegen vor mir.

Es regnet nicht mehr, der Wind hat auch nachgelassen. Ich komme gut voran, die Hügel vor dem Gardasee kommen in Sicht. Pozzolengo, gerade noch zehn Kilometer bis nach Peschiera. Die Steigung vor dem Ort nehme ich im Wiegetritt, dabei merke ich, dass im Vorderrad verdammt wenig Luft ist. Jetzt noch den Schlauch wechseln? Nein, dazu habe ich wirklich gar keine Lust. Ich will so schnell wie möglich heim. Der Durst und der Hunger treiben mich weiter. Die Luft hält noch, nach 178 Kilometern komme ich in unserem Feriendomizil an. Fix und fertig zwar, aber durchaus zufrieden. Tolle Tour mit Wiederholungswert.

| 178 Kilometer | 558 Höhenmeter |

Fotos