Rennradtouren

Vogesen: Col du Platzerwasel und ein paar weitere

Eine von zwei geplanten Rennradtouren in den Vogesen. Col du Platzerwasel, Le Markstein, Col d Oderen, Col de la Schlucht und einige andere, dazu zwei im wahrsten Sinn "aufregende" Nächte auf dem Campingplatz in Wihr-au-Val.

Oderen

Sonntag, 13. Juni 2011

Durch den andauernden Regen bedingt konnte ich dem Tipp, den der Hersteller dem Erwerber des 3-Mann-Iglu-Zeltes auf der Aufbauanleitung gibt, nicht Folge leisten. „Bauen sie das Zelt vor der ersten Benutzung auf, um sich damit vertraut zu machen“. So steht es da. Also bitte, so ein einfaches Zelt-das geht auch so! Geht es auch, wenn alle zugehörigen Teile dabei sind.

Es muss für die Camper auf dem Campingplatz „Route au Verte“ in Wihr au Val sehr amüsant gewesen sein, Vater und Sohn beim Versuch, ein einfaches Zelt aufzubauen, zu beobachten. Wir, Marcus und ich, waren ganz und gar nicht amüsiert. „Das passt nie und nimmer“, so mein erster Gedanke, als ich das Zelt, das da schön ausgebreitet auf seinen Aufbau wartete, so liegen sah. Eine der beiden Fiberglasstangen, die unsere Unterkunft in Form bringen sollte, war gut einen Meter kürzer als sein Pedant. Aber bekanntlich macht Versuch ja klug. Klar, der erste Aufbauversuch scheiterte kläglich. Es fehlt einfach ein Stück. Nur dank oberschwäbischer Handwerkskunst gelingt es uns dann mittels zurechtgeschnitzter, biegsamer Äste, das Ganze in eine passable, leidlich stabile Form zu bringen. Nur für das Vorzelt – die kürzere der beiden Stangen war dafür bestimmt - finden wir auf die Schnelle keine befriedigende Lösung. Aber das ist zu verkraften. Etwas gewöhnungsbedürftig in der Optik, aber seinen primären Zweck durchaus erfüllend, steht es nun endlich da, unser neues Zelt. Die anerkennenden Worte des inzwischen bei uns weilenden sympathischen Holländers nehmen wir gerne an.

Nach einer gemeinsamen Dose Ravioli verschwinden wir zeitig in den Schlafsäcken, schließlich wollen wir morgen einige der zahlreichen Vogesen-Col´s befahren. Der Campingplatz liegt dummerweise direkt an der D10, dass ausgerechnet heute hier recht starker Verkehr herrscht, trägt nicht unbedingt zu einem ruhigen Schlaf bei. Gegen 23 Uhr beginnt dann irgendwo in der Nähe eine große Party mit ziemlich lauter Musik. Einschlafen geht nun gar nicht mehr. Marcus ist ziemlich genervt und würde am liebsten zusammenpacken und verschwinden.

Unser Frühstück fällt so aus wie unser Schlafpensum - recht dürftig. Eine Tasse Espresso und ein paar Sachen vom nahe gelegenen Bäcker müssen fürs Erste reichen.

Unglaublich viele Rennradfahrer begegnen uns auf dem Weg zu unserem ersten Tagesziel, dem Col du Platzerwasel. Das schöne Wetter hat eben doch einige recht früh raus getrieben. Nach Munster erreichen wir bald Sondernach, hier beginnt der Aufstieg zum Col du Platzerwasel. Marcus hat „Auslauf“, wir werden uns auf der Passhöhe wieder treffen. Nie sehr steil, meist mit 8 Prozent Steigung, selten darüber, geht es nach oben. Der motorisierte Verkehr hält sich in Grenzen, aber wie auf fast allen Passstraßen stört der Lärm der Motorräder. Allerdings ist das hier heute im Vergleich zu den Alpenpässen fast schon wieder ruhig. Das mag auch daran liegen, dass ich bei der Routenplanung die bekannte, stark befahrene „Route des Crétes“ so gut wie möglich vermieden habe.

Oderen

Die Passhöhe zeigt sich unspektakulär und befindet sich einige Meter oberhalb des Passschildes. Dort wartet Marcus bereits und unterhält sich angeregt mittels Zeichensprache mit einer Gruppe schneller Franzosen, die hier ebenfalls auf die langsameren Mitfahrer warten.

Nach einer nur kurzen Abfahrt geht es dann gleich wieder bergan, wir sind auf dem wohl einfachsten Anstieg nach Le Markstein. Und nun auf der „Route des Crétes“, deutlich am nun starken Verkehr zu merken. Le Markstein ähnelt einer Passhöhe in den Alpen. Gasthäuser, Busse, Pkws und unmengen Motorräder, dazu noch die Radfahrer. Die „üblichen Verdächtigen“ eben.

Die Abfahrt nach Kruth ist lang, schnell und macht großen Spaß. Nur kurze Zeit nach der Abfahrt geht es wieder nach oben, der Col d´Oderen wartet auf uns. Auch hier ist die Steigung mäßig, dazu fast kein Verkehr und immer noch gutes Wetter – was will man mehr? Obwohl? Ein ordentliches zweites Frühstück wäre jetzt gut!

Nach einer wieder tollen Abfahrt erreichen wir La Bresse im Département Vosges in der Region Lothringen. Heute ist hier Markttag, leider sind wir etwas zu spät dran. Die Marktstände mit all den leckeren Dingen werden gerade abgebaut. Wir entdecken ein Straßencafé, auch andere unserer Zunft haben sich hier ein sonniges Plätzchen ergattert. Wir haben Glück, ein Tisch ist frei. Leider ist der Mann vom Service offensichtlich mit der Menge der Gäste überfordert. Wir werden jedenfalls nicht bedient. Oder liegt es an der deutschen Wehrmacht, die auch hier gegen Ende des Zweiten Weltkrieges eine ziemlich unrühmliche Rolle gespielt hat?

Wir gehen schließlich weiter und kommen gleich in der Nähe endlich zu unserem Frühstück, angesichts der Tageszeit wäre allerdings Mittagessen die treffendere Bezeichnung.

Wir nehmen zur Weiterfahrt nicht die viel befahrene D 34, sondern die versteckt liegende Nebenroute D 34C, die sanft ansteigend durch ein Tal zum Lac de Lisbach führt. Hier herrscht

sehr wenig Verkehr, nur einige Angler und Wanderer nutzen die kleine Straße. Im Winter ist hier das größte Skigebiet der Vogesen – La Bresse-Hoheneck. Ein am Weg liegendes Biathlon-Stadion sehen wir uns aus der Nähe an und fahren dann weiter, um am Col des Feignes auf die D 34 zu stoßen. Von hier aus gelangen wir auf die sehr gut ausgebaute D 417, auf der wir zum Col de la Schlucht kommen. Der starke Motorradverkehr nervt hier ganz besonders, viele verwechseln die Straße mit einer abgesperrten Rennstrecke. Es ist wirklich zum Kotzen. Die Passhöhe erinnert ein wenig an die des Stilfser Jochs, zumindest was den Rummel und die Anzahl der Motorräder betrifft. Schnell weg hier!

Gleich auf den ersten Metern der Abfahrt wird klar, woher der Pass seinen Namen hat. Die Aussicht in die tiefe Schlucht ist fantastisch. Breit ausgebaut führt die Straße mit einigen Kehren hinunter nach Munster. Über die mehr als waghalsigen Überholmanöver unserer beliebten Motorradfahrer müssen wir nicht nur einmal den Kopf schütteln. Adrenalin-Junkies?

Kurz vor Munster, an der Abzweigung nach Orbey, legen wir einen Stopp ein, um den weiteren Verlauf der Tour zu besprechen. Wir sind spät dran, aus dem Blauen Himmel ist inzwischen ein grauer, dicht bewölkter geworden. Rettungsfahrzeuge fahren mit Sirenengeheul Richtung Col de la Schlucht. Wir kürzen ab und fahren über Munster zurück zum Campingplatz in Wihr-au-Val. Und hoffen, dass unser Zelt noch steht.

Alles ist so, wie wir es verlassen haben.

Paraglider

Krumm und schief, aber es steht. Unser netter holländischer Nachbar ist auch da und frotzelt rum, seine Frau versorgt uns mit einigen Kohlehydraten. Wirklich sehr nette Leute. Nach dem Duschen suchen wir die örtliche Pizzeria auf. Was anderes gibt es leider nicht. Aber auch Pasta wissen die Franzosen ganz vorzüglich zuzubereiten. Sehr gut und auch reichlich, ein guter Abschluss des Tages. Zunächst jedenfalls.

Es regnet in Strömen, aber wir sind im Trockenen. Das Zelt ist absolut dicht, zum Glück. Heute ist wenig Verkehr, keine Partygeräusche sind zu hören – gute Voraussetzungen also für einen wohlverdienten Schlaf. Bis im Nachbarzelt, das ein gutes Stück von unserem entfernt ist, jemand anfängt zu schnarchen. Kein leichtes röcheln, nein, wir haben es mit einem Extremschnarcher zu tun. Es ist zum wahnsinnig werden. Aber damit nicht genug. Es wird nun im Duett „extremschnarching“ betrieben. Morgens um 4 (!) Uhr packen wir unser Zeug zusammen und verschwinden Richtung Heimat. Nur gut, dass ich gleich bei der Anmeldung unsere zwei Übernachtungen bezahlt habe.

Niemand weiß, zu was um den Schlaf gebrachte Radfahrer fähig sein können. Trotz aller Widrigkeiten werden wir bald wieder in den Vogesen sein. In einer Auberge oder Pension, egal was. Nur kein Campingplatz.



| 111 Kilometer | 2090 Höhenmeter |