MTB-Transalp 2008

Die fünfte Etappe: Von Santa Caterina nach Dimaro

Es wird nun wirklich schwierig. Von Tag zu Tag fällt es mir schwerer, die beste Unterkunft oder das beste Essen anzupreisen. Es war überall vom Allerfeinsten, aber eben doch unterschiedlich. Klar, wir haben auch jeden Tag in einer völlig anderen Region übernachtet. Oftmals, wenn man die direkte Distanz messen würde, kaum vierzig Kilometer voneinander entfernt. Aber doch in Wirklichkeit ziemlich weit entfernt. Jedenfalls dann, wenn man unsere Etappenziele jeweils mit dem Auto erreichen wollte. So kamen wir in den Genuss, die sehr unterschiedliche regionale Küche unserer Tagesziele verköstigen zu können. Es war immer wirklich oberlecker! Und reichlich, wenn auch einmal nur auf Nachfragen. Tja, und so war das auch hier, im Hotel "Albergo Compagnoni" in Santa Caterina. So können wir auch in Santa Caterina (ich liebe diesen Ortsnamen, er klingt einfach toll!) nach einem fantastischem Frühstück in Bestform zu unserer fünften und vorletzten Etappe starten. Unser Ziel ist heute Dimaro im Val di Sole. Also los!

Ortlerblick

Santa Caterina, 10. Juli

Nur wenige Meter nach dem Start sind wir auf der Gavia-Pass-Straße, die uns auf Asphalt auf 2652 Meter Höhe führen wird. Schade eigentlich, diesen Pass wäre ich schon lieber mit dem Rennrad gefahren. Die breiten Stollenreifen der Mountainbikes rollen auf Asphalt wirklich nicht gut. Aber es gibt für uns keine Alternative. Gut, man könnte auch durch den Vinschgau fahren. Das scheidet aber aus. Also umfahren wir das für uns unüberwindbare Ortlermassiv auf dem Passo Gavia. Eine tolle Strecke, teilweise zwar heftig steil, bis zu sechzehn Prozent, aber landschaftlich ein absolutes Highlight!

Bald nach Santa Caterina beginnt die erste Kehrengruppe. Wir bekommen die "Erlaubnis" so zu fahren, wie wir wollen, und auf der Passhöhe zu warten. Sigmund, der "Benjamin" unserer Truppe, scheint sich gut zu fühlen und fährt los. Als Harald dann ansagt, alle dreihundert Höhenmeter eine kleine Pause einzulegen, fahre ich dann auch los. Ich brauche meinen Rhythmus beim Fahren und mag solche Pausen gar nicht. Klar, nun schlägt das Rennradfahrerherz. Den Koch werde ich schon noch einholen! Ich sehe Sigmund, der übrigens seine erste richtige Radsaison bestreitet, weit vor mir. Also ranhalten. Santa Caterina liegt auf 1700 Meter, zur Passhöhe sind also fast 1000 Höhenmeter zu packen. Die Landschaft auf dieser Strecke ist so überwältigend, ich halte mehrmals an um Fotos zu machen oder um einfach nur zu gucken. Meine Verfolgung habe ich vergessen, spielt ja auch keine Rolle. Oben werden wir uns spätestens treffen.

Die Bergwertung geht an Sigmund, ich hole mir den zweiten Platz! An alle Rennradfahrer: Diesen Pass müßt ihr fahren! Der Trubel hier oben hält sich sehr in Grenzen, kaum Motorräder, dafür jede Menge Radfahrer. So mögen wir das! Der Rest unserer Reisegruppe taucht auf, Zeit für eine Pause.

Nun, wie nach jeder Passhöhe, kommt die Abfahrt. Die Straße wird so schmal, dass Autos nur schwer aneinander vorbei kommen. Kurvenreich, mit einigen Serpentinen, kommen wir am neu gebauten Tunnel an. Was heißt neu, ein paar Jahre gibt es den nun auch schon. Mit dem Bike ist die Umfahrung kein großes Problem, nur schwindelfrei sollte man schon sein. Auf der alten, verfallenen Straße umfahren wir den Tunnel. Dieser Teil ist für die Freunde der Rennradfraktion nicht zu empfehlen. Besser mit Licht (!) durch den Tunnel! Nach der Umfahrung treffen wir wieder auf die Trasse und stürzen uns regelrecht zu Tal. Straßenbelag vom besten, der Giro war dieses Jahr hier! Bei Pezzo stoppen wir. Harald hat eine Variante entdeckt, die uns die Überfahrt über den verkehrsreichen Passo Tonale erspart.

Bachquerung

Lago

Wir verlassen die Straße und fahren auf einem Wiesenweg nach Osten, hin zu den "Case di Viso". Hier gibt es jede Menge alter, kleiner Bauernhöfe, die zu Ferienhäusern umgebaut wurden. Südlich von unserem Weg führt eine kleine Straße da hin, aber wir schinden uns lieber auf dem Pfad dort hin. Wir verlassen die Siedlung und machen uns auf einem Schotterweg auf zum Refugio A. Bozzi. Fast eintausend Höhenmeter sind es bis dahin. Nun rächt sich der schnelle Ritt auf den Gavia, zumindest bei mir. Der steile Weg wird zu einer echten Quälerei, ich leide wirklich und kämpfe mich nach oben. Es ist heiß und sehr, sehr steil. Helmut bleibt bei mir und spendet den anderen oder einen Trost. Gut so, ganz einsam wäre das alles noch eine Spur härter gewesen. Grazie mille, Helmut!

Nach einer Polenta mit Steinpilzen auf dem Refugio fühle ich mich wieder richtig gut. Eine Schiebepassage zur Montozzo-Scharte steht uns bevor. Zu Beginn noch fahrbar, aber die Piste ist sehr grobschottrig. Bald schieben wir alle die Bikes. Nur Helmut fährt noch, wie immer. Hut ab! Kurzes Foto-Shooting, dann kommt das meiner Meinung nach "geilste" Stück Trailabfahrt der ganzen Tour!

Von 2600 Meter Höhe fahren wir ab (und tragen) zum Lago Pian Palú, der eintausend Höhenmeter unter uns liegt. Der Pfad,

oft verblockt, führt zwischen Alpenrosenfeldern, so groß, wie ich noch nie welche gesehen habe, teilweise extrem steil bergab zum Lago hin. Alles fast immer fahrbar, wenn auch sehr anspruchsvoll, was Fahrtechnik und Geschicklichkeit angeht. Harald muss den unter manchen Teilnehmern aufkommenden Übermut etwas bremsen. Gut so, ein Sturz hätte fatale Folgen. Irgendwann kommen wir nach diesem großartigen Trail unten am Lago Pian Palú an. Unversehrt und strahlend. Ab hier fahren wir, fast ausschließlich auf Asphalt, ab in´s Val di Sole und erreichen am Abend Dimaro.

Empfang beim Hotel mit Getränken und kleinen Snacks, die Zimmer beziehen, Bikes checken. Dann ein längerer Spaziergang, weil wir im Hotel nicht essen können. Dafür haben wir in einer Pizzeria eine Pizza und ein Nudelgericht gut. Reichlich, es schmeckt auch gut, wir werden auch alle satt. Aber nun kein Vergleich zu dem, was wir die Tage zuvor geboten bekommen haben. Aber man kann nicht immer nur vom besten haben. Aber die Trailabfahrt zum Lago Pian Palú relativiert alles.



| 73 Kilometer | 2756 Höhenmeter |