Rennradtouren am Gardasee
Es geht zur Sache: Der Montebaldo
Eine Montebaldo Tour muss im Programm eines Rennrad-Gardasee-Urlaubs dabei sein. Ganz klar. Dass es dazu von Peschiera del Garda aus eigentlich nur eine mögliche Route gibt, kommt mir angesichts der knappen Planungszeit nicht ungelegen. Der Streckenverlauf ab Caprino Veronese auf der Panoramastraße, die über Ferrara di Montebaldo auf immerhin 1610 Meter Höhe führt, lässt nur wenige Abweichungen zu.
Dienstag, 1. Juni 2010
Obwohl ich schon vor neun Uhr starte, herrscht bereits ziemlich viel Verkehr. Kein Wunder bei diesem wieder herrlichen Wetter. 28 Grad hat es um diese Zeit schon! Daheim ist es zur selben Zeit kalt und es regnet stark, das weiß ich aus zuverlässiger Quelle. Bis Lazise muss ich mich mit dem Verkehrsaufkommen arrangieren, dann endlich wird es erstaunlich ruhig. Hier beginnen auch gleich die ersten Steigungen der Tour, die Weinberge müssen überwunden werden.
Über Calmasino komme ich, inzwischen rinnt der Schweiß schon aus allen Poren, nach Affi. Hier wird der Verkehr wegen der nahen Autobahn wieder dichter, aber nach kurzer Zeit habe ich wieder meine verdiente Ruhe und nähere mich auf kleinen Nebenstraßen Caprino Veronese. Hier bin ich bereits auf 258 Meter Höhe. Also schon fast 200 Meter höher als mein Ausgangspunkt, von dem ich nun 25 Kilometer entfernt bin.
Noch in Caprino d. V. beginnt die Straße zu steigen. Das bleibt auf den kommenden 25 Kilometern auch so. Fast 1400 Höhenmeter sind auf diesem Abschnitt zu bewältigen. Durchaus Alpenpasskonditionen. Das steilste Stück mit Steigungen bis zu 18 Prozent beginnt gleich nach Ferrara di Montebaldo. Freundlicherweise wird auf einem Schild darauf hingewiesen. Wirklich kein leichtes Spiel bei diesen Temperaturen. Dafür ist die Strecke kaum frequentiert, fast schon einsam ist es. Auffallend ist, dass kaum Motorräder unterwegs sind. Nur ein einziges Mal überholt mich eine Gruppe, die sich aber auf der engen und kurvenreichen Straße sehr gemäßigt verhält.
Immer wieder begegnen mir Rennradfahrer, die meisten kommen mir mit hohem Tempo entgegen. Bei einem wahren Schilderbaum, der zahlreiche Wanderwege anzeigt, mache ich kurz halt. Ein Blick auf die Karte zur Orientierung schadet nie. Wie lange die Steigung noch andauert, weiß ich danach allerdings auch nicht genau, die Wanderkarte hat leider keine Kilometerangaben. Weit kann es aber nun nicht mehr sein bis zum Scheitelpunkt meiner Tour. Denke ich so. Immerhin bin ich schon auf gut 1000 Meter Höhe, auf 1610 Meter liegt der höchste Punkt heute. Und was sind schon 600 Höhenmeter? Also frohen Mutes und mit gestärkter Moral weiter!
Eine kleine Zwangspause bekomme ich durch einen Almauftrieb. Ein Viehtransporter hat sich quer über die schmale Straße gestellt. Das Ende des Transporters steht in der Wiese, sodass die Rinder direkt aus dem Transporter auf die Hochweiden gelangen. Schön in einer Reihe trottend machen sich die Rinder auf den Weg. Nur eines nicht. Ihm gelingt es, zwischen LKW und Weidezaun ein Schlupfloch zu entdecken und die Flucht zu ergreifen. Auf der anderen Seite der Straße rennt es zunächst im leichten Galopp abwärts. Einer der „Aufsichtspflichtigen" hinterher, aber er hat keine Chance, den Flüchtling einzuholen. Eine Weile lang sehe ich dem für mich lustigen Schauspiel noch zu.
Yippieh, so etwas wie eine Passhöhe ist zu sehen! Ein guter Platz für ein kleines Päuslein. Ich setze mich ins Gras, labe mich an meiner leckeren, lauwarmen Apfelschorle und gönne mir dazu zur Stärkung eine Tube Energie-Gel. Mann, was willst du mehr? Hmm. Auf einem Mountainbike kommt einer mit Quäldich.de Trikot hochgefahren und macht ebenfalls hier eine Pause.
Eigentlich wollte er von hier aus wieder zurück nach Bardolino fahren, wo er mit seiner Familie sein Urlaubsquartier hat. Nach einer kurzen Besprechung genügt ein Anruf, für die kommenden 90 Kilometer habe ich einen Begleiter. Nur gut, dass er auf seinem Bike Slicks montiert hat.
Die jetzt folgenden Kilometer haben es in sich, mit Steigungswerten um 14 Prozent geht es weiter bergan. Immer schmäler und steiler wird die Straße. Zur Belohnung gibt es fantastische Ausblicke. Auf über 1600 Meter Höhe angekommen, denken wir, dass wir es nun hinter uns haben und es nur noch bergab geht. Weit gefehlt! Zwar können wir an die 200 Höhenmeter abwärtsfahren, die wir auch genießen. Dann kommt unvermittelt der Gegenanstieg. Nochmal nach oben, fast genauso viele Höhenmeter, wie wir sie gerade abgefahren sind. Wir kommen an einem Aussichtspunkt, der seinesgleichen sucht, an. Viele Wanderer, Mountainbiker, ein paar wenige Motorradfahrer und Automobilisten halten sich hier auf. Was wir sehen, tut gut. Höher geht´s nun nimmer! 1610 Meter zeigt der Höhenmesser an. Also stehen uns 1500 Höhenmeter Abfahrt bevor. Kein schlechtes Gefühl.
Was nun folgt, kann als echtes Erlebnis verbucht werden, die schmale Straße wurde kunstvoll in die Felshänge gebaut. Mit zahllosen Kurven und einigen Kehren schlängelt sich das Sträßlein abwärts. Einige kurze Felstunnels werden durchfahren, in S. Valentino gönnen wir uns einen Cappuccino, füllen
die längst geleerten Trinkflaschen und plaudern eine Weile. Von hier aus könnte man auch nach Avio abfahren (werde ich das nächste mal auch so machen), wir nehmen aber den Umweg über San Giacomo und kommen nach einer Wahnsinnsabfahrt südlich von Rovereto bei Chizzola ins Val Lagarna. So heißt das Tal zwischen Rovereto und Dolcé, gebildet wird es von der Etsch. Oder Adige, je nach Sprachgebrauch.
Die folgenden 50 Kilometer geht es im Wesentlichen nur noch abwärts, zwar nur leicht, aber immerhin. Die Führungsarbeit bleibt bei mir, ein Rennrad läuft eben wirklich schneller als ein Mounty. So ist das eben. Blöd an der Sache ist eigentlich nur, dass wir – oder besser ich – ständig gegen den Wind zu fahren haben. In Albaré, nun schon bei Kilometer 123, entdecken wir direkt an der Straße eine Bar. Zeit für eine kleine Pause und ein großes Mineralwasser.
Auf kleinen Nebenstraßen kommen wir schließlich nach Bardolino, dem Ziel meines immer noch namentlich unbekannten, sympathischen Begleiters. Eine letzte gemeinsame Pause in einer wunderschönen Gartenwirtschaft noch. Auf verkehrsarmen Nebenstraßen erreiche auch ich wenig später mein Domizil in San Benedetto. Hier erwartet mich die allerschönste Überraschung des Tages! Das Schatzi ist hier gelandet!