Rennradtouren

Rund um Kempten - Riedbergpass und Ottobeuren

Der Weg und andere Ziele
'Der Weg ist das Ziel', diese Zen-Weisheit gilt üblicherweise auch bei Radtouren. Wenn dann auf diesem Weg noch ein weiteres Ziel als Highlight liegt – umso besser. So entsteht quasi die Dualität der Weisheit. Rennradtour von Herlazhofen zum Riedbergpass. Über Obergünzburg und Ottobeuren zurück. Ein schöner 200er mit zwei Premieren.

Nach Hittisau

Samstag, 21. Mai 2011

Der Weg führt uns, meinen Sohn Marcus und mich, vom Startort Herlazhofen nach einem guten Frühstück bei der Allerbesten zunächst nach Oberstaufen. Von dort aus ist es nicht weit bis nach Aach. Wir sind nun schon in Österreich, genauer im Bregenzer Wald. Um dem Verkehr auf der Hauptstraße zu entgehen, fahren wir nicht über Krumbach in Richtung unseres Highlights, der Riedberg-Passhöhe, sondern nehmen die angenehmere, wenn auch steilere Nebenstrecke, die oberhalb der B 205 über Riefensberg nach Hittisau führt. Das kostet zwar einige zusätzliche Höhenmeter, aber schließlich ist ja der Weg auch ein Ziel.

Längst schon haben sich über dem Riedberghorn und den umliegenden Bergen die Wolken verdichtet, wenig freundlich sieht das aus. Es wird wohl Regen geben. In Balderschwang ist es dann soweit, die ersten Tropfen fallen.

Sechzehn Prozent Steigung zeigt das Hinweisschild am Beginn der Passstraße. Zum Glück wird dieser Wert nur an einigen Stellen tatsächlich erreicht, der Riedbergpass ist kein wirklich harter Brocken. Schon gar nicht, wenn man ihn, so wie wir, im Regen (hoch) fährt.

Als ich die Passhöhe auf 1420 Meter erreiche, hat Marcus sein persönliches Ziel schon seit einigen Minuten erreicht. Der erste richtige Pass ist für ihn geschafft. Weitere werden noch folgen. Neben ihm wartet im Regen ein weiterer Radler, der ebenfalls auf seinen Vater wartet. So ist das eben, wenn man sich mit älteren Herrschaften auf den Weg macht.

Viel zu sehen gibt es hier oben heute nicht, also schnell noch die Regenjacke anziehen und dann nach unten, in die wärmende Sonne. Schnell ist nicht auf der nassen Strecke, selbst bei trockener Straße ist die Abfahrt nicht ungefährlich. Ein vor uns fahrendes Auto zwingt uns ein eher gemütliches Tempo auf, Gegenverkehr verhindert ein Überholen. Der obere Teil der Abfahrt wurde frisch gerichtet, eine Ampel am Ende der Ausbaustrecke zeigt Rot. Das ist die Gelegenheit, unser Bremsfahrzeug zu überholen.

Die Straße ist ab hier wieder schlaglochdurchsetzt und wir müssen noch mehr als im oberen Teil aufpassen. In Obermaiselstein scheint die Sonne, die Regenjacken werden verstaut. Für mich ist von nun an tatsächlich der Weg das Ziel, Marcus hat ein weiteres im Visier. Nicht nur der erste Pass soll es heute sein, auch der erste „Zweihunderter“ soll es werden. Aber bis dahin sind es noch gut 120 Kilometer.

In Ofterschwang entdecken wir einen kleinen Kiosk, es ist Zeit für eine kleine Pause. Es gibt dort zwar einen leckeren Cappuccino, aber nichts zu essen. Außer Eis. Aber das ist nun nicht das, was wir wollen. Glücklicherweise entdecke ich ein kleines Schild, auf dem Nussecken vom Bäcker angepriesen werden. Sofort stürme ich in den Kiosk und erkundige mich danach. Klar hat das die freundliche Verkäuferin, aber, wegen der Frische, nicht in den Auslagen, sondern gut verpackt im Kühlschrank. Die Teile waren wirklich vorzüglich, da kann man auch ruhig mal zwei Stück essen.

Sonthofen sehe ich heute mal von einer ganz neuen, schöneren Seite. Wir durchfahren die Fußgängerzone der Stadt, die ich bisher nur vom durchfahren kannte. Bei dem herrlichen Wetter ist hier ziemlich viel los, die Straßencafés sind gut besucht und auch sonst ist hier alles sehr belebt. Es gibt Sonthofen also auch in „schön“.

grüntenblick

Irgendwo bei Obergünzburg ist es dann so weit. Es kommt, was ja fast immer kommt auf solchen langen Touren. Ein Stück „Gerschders-Adventure-Tours“ beginnt. Nicht meine Schuld, der Weg ist als Radweg gekennzeichnet. Aber wie immer stellt das kein echtes Problem dar und nach einigen hundert Metern Waldweg kommen wir wieder auf einen befestigten Wirtschaftsweg. Schadlos übrigens. Und ganz ohne Gemecker.

Nach einigen teils heftigen Anstiegen erreichen wir bei Kilometer 163 Ottobeuren. Höchste Zeit, die längst geleerten Trinkflaschen aufzufüllen. Ein Gasthaus, direkt vor dem mächtigen Kloster, bietet dafür eine Gute, wenn auch nicht ganz billige Gelegenheit. Mein Vorschlag, auf dem schönen Platz noch eine kleine Pause einzulegen, wird sofort und bestimmt abgelehnt. Immerhin ist es schon spät und wir haben noch vierzig Kilometer vor uns! Also weiter.

Bald nach Woringen gibt es ein Problem. Das Hinweisschild zeigt nach links, Kronburg. Das GPS sagt aber rechts, auch nach Kronburg. Ich schenke der

Technik und meinen Planungskünsten Vertrauen. Dumm gelaufen, wieder wäre ein Schotterstück zu fahren. Das will jetzt, nach über 180 Kilometern, keiner mehr. Also weiter auf der schmalen Landstraße, die uns nach Dickenreishausen bei Memmingen bringt. Nicht unbedingt unsere Richtung, aber von dort kommt man ja auch nach Legau. Ich kenne mich dort kaum aus, also testen wir die Routingfunktion des GPS Geräts mal. Das kennt sich dann auch gleich aus und führt uns auf dem schnellsten Weg nach Legau, wo wir wieder auf der geplanten Route sind.

Nach 211 Kilometern kommen wir schließlich wieder in Herlazhofen an. Eine gute Portion allerbester Spaghetti von der Allerbesten wartet dort schon auf uns. Und die Erkenntnis, dass man sich Ziele setzen muss!

Na denn, bis zum nächsten Mal, wir nähern uns der nächsten „Hausnummer“ .



| 211 Kilometer | 2700 Höhenmeter |